10.00
Performance in Dresden Prohlis mit Adam Page und Eva Hertzsch
(KünsterInnen, Dresden)
(Text
mit Fotos) |

Die Wohnsiedlung Prohlis wird besucht. Ich gehöre der Gruppe
an, die sich als Investorengruppe gekleidet hat. Iara gibt die verschlagenste
Investorin ab. Sie trägt elegante Schuhe und kritisiert die
Spielführung (Eva Hertzsch und Adam Page), die ihr lange Fußwege
zumutet. Die Herren Schmidt und Siekmann setzen ihre Gespräche
fort. „Bei Künstlern wird ja Nervosität als Sensibilität
gedeutet, bei Ökonomen als Unsicherheit“, sagt Schmidt.
Die Spaghetti im Restaurant in Prohlis sind keine intelligente Wahl,
aber fürsorglich für mich klein geschnitten. |
15.00
Das Individuum und die Zukunft der Stadt
Christoph Schäfer (Künstler, Hamburg/ Park Fiction/
Unlikely Encounters) & Margit Czenki (Filmemacherin, Hamburg/
Park Fiction / Unlikely Encounters):
suitcase criminal city
(Vortragstext)
und Tomislav Medak (Philosopher/
Performer, Zagreb) & Damir Blazevic (Platforma 9,81 Zagreb Cultural
Capital of Europe 3000): Constractors: Transformations-
kulturen in einer Stadt jenseits der Planung |
Christoph Schäfer
und Margit Szenki stellen eine bahnbrechende neue Idee der Stadt
Hamburg vor: die Entwicklung einer internationalen Stadt außerhalb
deutscher Einwanderungsgesetzgebung in der Freihandelszone des Hamburger
Hafens, einer Stadt, in der niemand seine Identität nachzuweisen
hat, genannt Suitcase City Grassbrook. Die Tollkühnheit der
Hamburger besticht.
Aus dem Vortrag von Tomislav Medak und Damir Blazevic ergibt sich
ein Geplänkel über Geld und Profit im Kulturbereich. „We
are non-profit. We are non-profit,” sagt Damir.
In den Pausen essen wir Kuchenbleche leer. Von Luchezar erfahre
ich, wie man sich im sozialistischen Bulgarien den Künstler
vorstellte: Der Künstler hatte lange Haare und einen langen
Bart. Er habe mit 17 begonnen, an der Akademie zu studieren, sagt
Luchezar. Und es habe ihn gewaltig gefuchst, dass er mit dem vom
wirklichen Künstler zu erwartenden Bartwuchs nicht habe mithalten
können. Ich erfahre auch, wie es um den Vorsitzenden des Künstlerbundes
stand: Er war der größte Künstler.
Das Visual Seminar, über dessen Arbeit wir so viel hören,
erklärt Luchezar so:
„Eigentlich ist das Visual Seminar einfach eine pressure group.”

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19.00
Das Individuum und die Zukunft der Stadt
Uwe Rada (Journalist, Berlin):
...ist die freiheit wohl grenzenlos. zwischen postmoderne und
neoliberalismus
und Boyan Manchev (Literaturtheorie und Ästhetik, Universität
Sofia):
Futures Only: Der öffentliche Raum im Zeitalter der Fetischisierung
des Anorganischen
(Vortragstext, Material)
moderiert von Luchezar Boyadjiev (Visual Seminar, Sofia)
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Andreas schlägt
vor, in Zossen, um ein Beispiel zu nennen, eine Freihandelszone
zu errichten. Dort sollen Briefkastenfirmen angesiedelt werden,
um Kapital anzulocken. Das sei mit dem deutschen Rechtssystem nicht
vereinbar, sagt Rudi Schmidt. „Warum?“, fragt Andreas,
„Haben wir so schlechte Juristen?“
Später spricht Uwe Rada zum Lob des Grenzgängers. Er
spricht von „Regionen, in denen kein Kapitalismus mehr stattfindet“,
den „spaces of functional irrelevance“, den Zwischenzonen
und „dem Temporären als Ressource“. Mit ruhiger
Stimme spricht er vom gerade noch und dem noch nicht.
Rudi Schmidt ruft auf zur konsistenten Argumentation.
Die Übersetzerin ahmt mit ihrer angenehmen Stimme das Suchen
in der Sprache der Sprecher nach. Sie ist braun gebrannt. Beim Übersetzen
gestikuliert sie in ihrer Kabine. |